Was sind die handelsrechtlichen und steuerlichen Besonderheiten bei Baufirmen und Handwerksbetrieben?
Handelsrechtliche Besonderheiten: Handwerksbetriebe und insbesondere Baufirmen haben oft längere Projekte. Handelsrechtlich ist die Abgrenzung der Umsatzerlöse und die Bilanzierung der unfertigen Leistungen zu beachten. Im Detail wird das in den folgenden Abschnitten beschrieben.
Steuerrechtlich ist zunächst die handelsrechtliche Bilanzierung zu übernehmen (Maßgeblichkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Darüber hinaus sind die Themen Bauabzugsteuer, Umkehr der Steuerschuldnerschaft in der Umsatzsteuer sowie der Baulohn zu berücksichtigen.
Handelsrechtliche Bilanzierung
In der Handelsbilanz bzw. der Gewinn- und Verlustrechnung sind die Umsatzerlöse erst zu erfassen, wenn diese realisiert sind.
In Bezug auf längere Bauprojekte bedeutet dies, dass es auf den Zeitpunkt der “Abnahme” durch den Kunden ankommt. Hierbei kann es zwei Varianten geben:
- Das Projekt wird nach Fertigstellung abgenommen.
- Das Projekt wird stufenweise abgenommen.
Die Abnahme wird vertraglich vereinbart.
Vor Abnahme des Projekts (entweder nach kompletter Fertigstellung oder in Stufen) können keine Umsatzerlöse erfasst werden!
Regelmäßig werden aber Abschlagsrechnungen an Kunden erstellt und von diesen auch bezahlt, außerdem fallen ja von Anfang an Kosten an.
Wie ist also damit in der Buchhaltung umzugehen?
1.) Im ersten Schritt werden Bauleistungen als unfertige oder fertige Leistungen gebucht und mit den Herstellungskosten bewertet. Diese ermitteln sich nach § 255 Abs. 2 HGB als Materialeinzelkosten, die Fertigungseinzelkosten, Sondereinzelkosten der Fertigung, angemessene Teile der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten und der Abschreibungen des Anlagevermögens, soweit diese durch die Fertigung veranlasst sind. Bei der Berechnung der Herstellungskosten werden außerdem angemessene Teile der allgemeinen Verwaltungskosten und der Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung einbezogen. Forschungs- und Vertriebskosten werden nicht einbezogen. Die unfertigen oder fertigen Bauleistungen werden im Vorratsvermögen ausgewiesen. Das Gegenkonto lautet Bestandsveränderung, wenn die GuV nach dem Gesamtkostenverfahren aufgestellt wurde, oder Herstellungskosten des Umsatzes, wenn die GuV nach dem Umsatzkostenverfahren aufgestellt wurde.
2) Im zweiten Schritt werden Abschlagsrechnungen als erhaltene Anzahlungen gegen das Bankkonto gebucht.
3) Im dritten Schritt erfolgt die Abnahme des Projekts oder einer Stufe des Projekts, je nach vertraglicher Vereinbarung des Gefahrenübergangs vom Bauunternehmer bzw. Handwerker an den Kunden. Somit sind Umsatzerlöse in Höhe der vereinbarten Gesamtrechnung nun zu erfassen. Als Gegenkonten wird eine Forderung für den noch nicht im Rahmen Abschlagsrechnung bezahlten Teil der Umsatzerlöse sowie die erhaltenen Anzahlungen für den bereits durch Abschlagsrechnung bezahlten Teil der Umsatzerlöse bebucht. Die als unfertige oder fertigen Leistungen erfassten Projekte werden gegen die Bestandsveränderung bzw. Herstellungskosten ausgebucht.
Umsatzsteuerliche Besonderheiten
Unabhängig von der handelsrechtlichen Realisation der Umsatzerlöse entsteht die Umsatzsteuer bereits dann, wenn eine Abschlagsrechnung bezahlt wurde (§13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) Satz 3 UStG).
Werden Bauleistungen an einen anderen Bauunternehmer erbracht, also z.B. als Sub-Unternehmer für einen Generalunternehmer, ist § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG anzuwenden. In diesem Fall schuldet der Leistungsempfänger (Generalunternehmer) die Umsatzsteuer. Die Rechnung wird “netto” ohne Umsatzsteuer erstellt mit einem Hinweis auf § 13b Abs. 5 UStG. Dies ist aber an folgende Voraussetzungen geknüpft:
- Der Leistungsempfänger ist ein Bauunternehmer. Um sich zu vergewissern, muss der leistende Bauunternehmer vom Leistungsempfänger die Bescheinigung vom Finanzamt anfordern, in der steht, dass er Bauunternehmer ist und die Umsatzsteuer schuldet. Weitere Informationen und ein Muster dieser Bescheinigung sind im „Vordruckmuster USt1 TG“ des BMF zu finden.
- Es werden Bauleistungen oder Gebäudereinigungsleistungen erbracht.
- Bauleistung ist eine Leistung, die sich unmittelbar und nachhaltig auf die Substanz eines Bauwerks auswirkt, d.h. durch die Leistung wird die Substanz eines Bauwerks oder Bauwerkteils erweitert, verbessert, beseitigt oder erhalten werden. Beispiele, was Bauleistung ist und was nicht, sind bei der Oberfinanzdirektion Karlsruhe zu finden. Es empfiehlt sich, dass auch auf den Rechnungen die Begrifflichkeiten verwendet werden.
- Gebäudereinigungsleistung ist z.B. Reinigung sowie die pflegende und schützende (Nach-)Behandlung von Gebäuden und Gebäudeteilen (innen und außen), Hausfassadenreinigung (einschließlich Graffitientfernung), Fensterreinigung, Bauendreinigung, Reinigung von haustechnischen Anlagen
Ist der Leistungsempfänger kein Bauunternehmer oder ist die erbrachte Leistung keine Bauleistung / Gebäudereinigungsleistung, ist die Rechnung “ganz normal” mit 19% USt auszustellen und der leistende Bauunternehmer schuldet die Umsatzsteuer selbst dem Finanzamt.
Bauabzugsteuer
Werden Bauleistungen erbracht, muss der Leistungsempfänger (Kunde) in bestimmten Fällen 15% des Brutto-Rechnungsbetrags direkt als Steuerabzug (Bauabzugsteuer) an das Finanzamt abführen. Welche Fälle es sind und welche Ausnahmen es gibt, ist in § 48 ff. EStG geregelt und Merkblatt des BZSt zusammengefasst.
An dieser Stelle wollen wir nicht nochmal die Regelungen wiedergeben, sondern anhand von Beispielen etwas vereinfacht darstellen, wie das Verfahren ist:
Beispiel: Der Bauunternehmer als Sub-Unternehmer stellt an den General-Bauunternehmer eine Rechnung von 10.000 netto mit Hinweis nach § 13b UStG, dass der Kunde die Umsatzsteuer abführt.
Der Kunde (Generalunternehmer) muss auf diese 10.000 EUR + 1.900 EUR Umsatzsteuer = 11.900 EUR die 15% Bauabzugsteuer berechnen und einbehalten, also 1.785 EUR. Der Sub-Unternehmer bekommt also von ihm als Zahlung: 10.000 EUR – 1.785 EUR = 8.215 EUR.
Der Kunde zahlt an das Finanzamt: 1.900 EUR Umsatzsteuer und 1.785 EUR Bauabzugsteuer (=abgeführte Einkommensteuer für den Bauunternehmer).
Die im gesamten Jahr abgeführte Bauabzugsteuer ist für den Sub-Unternehmer eine Steuervorauszahlung zur Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer (je nach Rechtsform des Sub-Unternehmers), die im Rahmen der Jahressteuererklärung wieder geltend gemacht wird.
Baulohn
Hinter dem Begriff “Baulohn” stecken Spezifika bei der Lohnabrechnung für die Baubranche. Davon sind in der Regel die Branchen/Tätigkeiten umfasst, die im Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe aufgeführt sind. Beispielsweise:
Bauten- und Eisenschutzarbeiten
Bohrarbeiten
Erdbewegungsarbeiten
Hochbauarbeiten
Verlegen von Bodenbelägen
Trocken- und Montagebauarbeiten
Die Liste ist nicht abschließend, es handelt sich nur um Beispiele. Im oben verlinkten Tarifvertrag sind weitere zu finden, darüber hinaus auch diejenigen, die nicht erfasst sind.
Im Baulohn werden die Beiträge an die Sozial-Kasse der Bauwirtschaft (SOKA-BAU) berücksichtigt. Diese erstattet daraus den Arbeitgebern und Arbeitnehmern bestimmte Kosten, die daraus resultieren, dass über 25% der Bauarbeiter alle 6 Monate den Arbeitgeber wechseln und der Bau von den Witterungsbedingungen abhängig ist. Ein Überblich, welche Sozialkassen es gibt und was diese erstatten, ist unten zu finden. Darüber hinaus handelt es sich beim Baulohn eigentlich um eine “normale” Lohnabrechnung, der “Teufel liegt im Detail”.
Wie können wir als Steuerberater Sie unterstützen?
Wir als Steuerberater können Ihnen die Komplettbetreuung, bestehend aus den laufenden/monatlichen Arbeiten in der Buchführung und im Baulohn sowie aus den Abschlussarbeiten (Handelsbilanz, Steuerbilanz, Steuererklärungen) anbieten.
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