Warum ist die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand vs. Herstellungskosten bei der Vermietung von Immobilien so wichtig?
Dach erneuert? Fassade gestrichen? Elektroinstallation modernisiert?
Ob solche Maßnahmen sofort als Werbungskosten abziehbar sind oder über Jahrzehnte abgeschrieben werden müssen, hängt an einer scheinbar simplen Abgrenzung: Erhaltungsaufwand vs. Herstellungskosten. In der Praxis können bei dieser Abgrenzung Probleme entstehen, besonders bei Altbauten, Modernisierungen und kurz nach dem Kauf.
Warum ist die Abgrenzung so entscheidend?
Weil Erhaltungsaufwand nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten im Jahr der Zahlung vollständig abziehbar ist – während Herstellungskosten nur über die AfA (in der Regel 50 Jahre, § 7 Abs. 4 EStG) verteilt absetzbar sind. Das beeinflusst die Liquidität enorm. Beispiel: Eine neue Heizung für 20.000 € kann im Fall der Anerkennung als Erhaltungsaufwand sofort die Steuerlast mindern – andernfalls nur mit 400 € pro Jahr.
Was gilt steuerlich als Erhaltungsaufwand?
Alle Maßnahmen, die die bestehende Substanz instand setzen oder ersetzen, ohne die Nutzung wesentlich zu erweitern oder den Standard signifikant zu erhöhen.
Typische Beispiele: Austausch von Fenstern, Sanierung von Dach, Fassade, Heizung, Leitungen – wenn sie in Art und Umfang dem Ursprungszustand entsprechen.
Und wann sprechen wir von Herstellungskosten?
Wenn etwas Neues geschaffen wird oder der Standard des Gebäudes wesentlich erhöht wird. Die Definition orientiert sich an § 255 HGB und wird durch Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung konkretisiert.
Herstellungskosten liegen vor bei:
- Erstmaliger Einbau (z. B. zusätzliches Bad, zweiter Rettungsweg)
- Erweiterung (z. B. Dachausbau, Anbau, Balkon)
- Wesentliche Verbesserung = Standardhebung in mindestens drei von vier Kernbereichen*: Heizung, Sanitär, Elektro, Fenster
* siehe BMF vom 18.07.2003, Tz. 10: “Der Standard eines Wohngebäudes bezieht sich auf die Eigenschaften einer Wohnung. Wesentlich sind vor allem Umfang und Qualität der Heizungs‑, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie der Fenster (zentrale Ausstattungsmerkmale). Führt ein Bündel von Baumaßnahmen bei mindestens drei Bereichen der zentralen Ausstattungsmerkmale zu einer Erhöhung und Erweiterung des Gebrauchwertes, hebt sich der Standard eines Gebäudes.”
Was ist die 15-%-Grenze?
Wer innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung mehr als 15 % der Gebäudeanschaffungskosten (netto!) in Instandhaltung oder Modernisierung steckt, löst gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG anschaffungsnahe Herstellungskosten aus – selbst wenn die Maßnahmen für sich genommen reine Erhaltungsaufwendungen wären. Folge: Die gesamten Kosten gelten als Herstellungskosten und sind nur über die AfA abziehbar.
Welche Ausnahmen gibt es von dieser 15-%-Regel?
Jährlich üblicher Erhaltungsaufwand (z. B. Streichen, Kleinreparaturen)
Unfall- oder Elementarschäden, wenn der Schaden unvorhersehbar war
Maßnahmen, die nicht der Gebäudeinstandsetzung dienen, z. B. Gartenzaun, Außenanlagen
Diese Aufwendungen zählen nicht in die 15-%-Berechnung hinein.
Wie lässt sich die 15-%-Grenze in der Praxis umgehen?
Durch kluge zeitliche Staffelung der Maßnahmen:
- Nur Maßnahmen im Zeitraum drei Jahre nach Anschaffung zählen.
- Wer größere Sanierungen nach dem dritten Jahr durchführt, fällt nicht mehr unter die Vorschrift.
Praxistipp: Netto-Anschaffungs- und Herstellungskosten berechnen, 15 %-Grenze exakt definieren, Umbauplan anpassen.
Wie dokumentiere ich korrekt?
Jede Maßnahme mit Rechnung, Fotos, Bauleistungsbeschreibung absichern
Aufteilung der Leistungen nach Gewerk
Eigenleistungen nicht ansetzen (sie erhöhen weder HK noch EW)
Bei gemischten Maßnahmen: Gutachterliche Zurechnung möglich
Was gilt bei Denkmälern?
Hier gelten Sonderregelungen: Auch wenn Maßnahmen zu Herstellungskosten führen, dürfen erhöhte Abschreibungen nach § 7i EStG genutzt werden (z. B. 9 % für 8 Jahre). Das lindert den Liquiditätsnachteil – ersetzt aber keine gute Planung.
Wie kann ich Erhaltungsaufwand auf mehrere Jahre verteilen?
Echter Erhaltungsaufwand kann auf 2 bis 5 Jahre verteilt werden (§ 82b EStDV) – sinnvoll, wenn die Ausgaben zu groß für ein einzelnes Jahr sind und der Steuersatz niedrig ist.
Achtung: Diese Regelung gilt nicht für anschaffungsnahe Herstellungskosten!
Was prüft das Finanzamt besonders kritisch?
Brutto statt netto gerechnet bei der 15-%-Grenze
Fehlende Belegstruktur (z. B. keine Aufteilung, Sammelrechnungen)
Eigenleistungen oder Pauschalrechnungen ohne Leistungsbeschreibung
Kombination mehrerer kleiner Maßnahmen, die gemeinsam die Grenze überschreiten
Fazit
Die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten entscheidet oft über einen wesentlichen Betrag in der Steuerlast. Wer frühzeitig plant, ausreichend dokumentiert und die 15-%-Grenze berücksichtigt, kann Maßnahmen gezielt so legen, dass sie steuerlich optimal wirken. Und wenn es trotzdem Herstellungskosten sind, kann zumindest die passende Abschreibungsmethode (bei Denkmalobjekten die Sonder-Abschreibung) helfen.
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