Warum lohnt sich die Beschäftigung mit diesem sperrigen Begriff überhaupt?
Weil Verluste aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) nur dann anerkannt werden und entsprechend die Einkommensteuerlast mindern, wenn hinter der Vermietung eine echte Absicht zur Gewinnerzielung steckt. Sonst erkennt das Finanzamt Ihre Verluste nicht an ( = Sie können diese nicht mit anderen Einkünften verrechnen oder in die Zukunft vortragen) – Stichwort Liebhaberei.
Was versteht die Rechtsprechung unter der Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung von Immobilien?
Die Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung von Immobilien setzt sich aus zwei Tatbeständen zusammen:
1. Objektiv braucht es einen zivilrechtlich wirksamen Miet‑ oder Pachtvertrag.
2. Subjektiv muss die Vermieter‑in planvoll handeln, um langfristig einen positiven Totalüberschuss zu erzielen. Entscheidend ist stets das einzelne Objekt – selbst Wohnungen im selben Haus werden getrennt geprüft.
Greift immer eine Typisierung oder muss ich die Absicht beweisen?
Ja — Solange Sie unbefristet vermieten und keine außergewöhnlichen Faktoren (Luxusgröße, dauerhafter Leerstand, zeitnahe Eigennutzung, Ferienwohnung, Verlustzuweisungsgesellschaften etc.) vorliegen. Dann unterstellt der BFH automatisch eine Einkünfteerzielungsabsicht (BFH, BStBl II 1998, 771). Eine Prognose fordert das Amt erst, wenn atypische Konstellationen die Plausibilität erschüttern.
Diese „große Typisierung“ gilt aber nur für Wohnraum ohne Besonderheiten. Gewerbe, unbebaute Grundstücke oder Ferienimmobilien fallen heraus (BFH, BStBl II 2010, 1038 und BFH, BStBl II 2009, 776).
Wann verlangt das Finanzamt eine Überschussprognose?
Sobald „atypische“ Umstände auftreten, etwa:
- befristete Vermietung, z. B. 3‑jährige Zwischennutzung
- geplanter Eigenbezug oder zeitnaher Verkauf (< 5 J.)
- Ferienwohnung mit weniger als 75 % marktüblicher Belegung
- verbilligte Vermietung unter 66 % der Warmmiete (§ 21 Abs. 2 EStG)
- Luxusobjekt > 250 m² oder mit Spa‑/Pool‑Ausstattung
- Leerstand > 12 Monate ohne nachweisbare Vermietungsbemühungen
- Gewerbliche Einheiten oder unbebaute Grundstücke
Wie sieht eine zulässige Überschussprognose aus?
Zeitraum: 30 Jahre (bzw. Restdauer bei Befristung)
Ansatz: nominale Werte; AfA linear (§ 7 Abs. 4 EStG), künftige Instandhaltung pauschal, Schuldzinsen, Verwaltungskosten.
Puffer: +10 % Einnahmen / –10 % Kosten (BMF‑Vorgabe).
Verboten: Veräußerungsgewinn oder stille Reserven.
Ergibt die Überschussprognose einen positiven Saldo, ist die Einkünfteerzielungsabsicht belegt; andernfalls werden die Verluste nicht vom Finanzamt anerkannt.
Wer trägt die Beweislast?
Gemäß BMF-Schreiben vom 08.10.2004 sowie BFH- Rechtsprechung liegt die Beweislast ausdrücklich beim Steuerpflichtigen.
Liegt ein Objekt jahrelang „im Minus“, muss grundsätzlich der Steuerpflichtige seine Prognose nachweisen. Erfolgt der Beweis nicht, darf das Amt den Werbungskosten‑Abzug kürzen oder komplett streichen.
Wie wirken verbilligte Mietverhältnisse?
Seit 2021 gelten drei Stufen:
- Warmmiete ≥ 66 % der ortsüblichen Warmmiete → keine Überschussprognose notwendig, voller Werbungskosten-Abzug
- Warmmiete = 50 bis 66 % der ortsüblichen Warmmiete → Überschussprognose notwendig. Wenn diese einen positiven Saldo ergibt: voller Werbungskosten-Abzug
- Warmmiete < 50 % der ortsüblichen Warmmiete → Aufteilung der Werbungskosten in entgeltlich/unentgeltlich gemäß § 21 Abs. 2 EStG
Praxistipp: Prüfen Sie jährlich den Mietspiegel!
Ferienimmobilie – worauf kommt es an?
Neben der 75 %-Grenze prüft es eine marktgerechte Miethöhe. Eigennutztage oder Selbstbelegung müssen lückenlos im Belegungskalender stehen – sonst droht Aufteilung in private und entgeltliche Nutzung.
Leerstand – ab wann kritisch?
Leerstand unter sechs Monaten ist grundsätzlich unproblematisch. Ab einem Jahr verlangt das in der Regel Amt Inserate, Makleraufträge oder Besichtigungsprotokolle. Fehlen die Nachweise, schwindet die Einkünfteerzielungsabsicht.
Steht eine Wohnung von Anfang an leer, muss nach einer gewissen Zeit überprüft werden, ob die Wohnung für die Vermietung am Markt in der angebotenen Form geeignet ist. Leerstand kann auch darin begründet sein, dass die geforderte Miete zu hoch und der Eigentümer nicht bereit ist, weniger zu verlangen. Zum Vergleich können ähnliche Wohnungen, die zu niedrigeren Mieten tatsächlich vermietet werden, herangezogen werden (BFH IX R 14/12, BStBl II 2013 S. 279 und BFH IX R 68/10, BStBl II 2013 S. 367).
Schuldzinsen nach Verkauf – noch abzugsfähig?
Nur, wenn die Einkünfteerzielungsabsicht bis zum Veräußerungszeitpunkt bestand und der Verkaufserlös objektiv nicht zur vollständigen Kredittilgung reichte. Sonst sind Nach‑Zinsen privat.
Wirkt sich die Grundsteuerreform 2025 auf die Einkünfteermittlung aus?
Die neue Grundsteuer B bemisst sich unabhängig von Ihrer Einkünfteerzielungsabsicht; sie fällt also an, egal ob Ihr Objekt Gewinn oder Verlust macht. Dennoch zählt die Grundsteuer voll als Werbungskosten in Ihrer Prognose. Wichtig: Höhere Grundsteuerbescheide ab 2025 erhöhen die Kostenbasis und können eine bislang positive 30-Jahres-Prognose ins Minus drehen. Kontrollieren Sie deshalb jede Änderung des Einheitswerts zeitnah und passen Sie Ihre Kalkulation an, um die Einkünfteerzielungsabsicht nicht zu gefährden.
Dokumentations‑To‑dos für Vermieter
- Prognose direkt nach Kauf oder bei Planänderung erstellen.
- Warmmieten jährlich mit Mietspiegel abgleichen.
- Leerstände digital dokumentieren (Fotos, Maklerexposé).
- Rechnungen & Kredite cloudbasiert archivieren.
- „50/66‑Grenze“ bei Familienvermietung im Auge behalten.
Fazit
Die Einkünfteerzielungsabsicht ist kein bürokratischer Selbstzweck: Wer die Spielregeln kennt, sichert die Steuervorteile selbst bei langjährigen Anlaufverlusten. Im Zweifel entscheidet eine saubere 30‑Jahres‑Prognose – und Ihre Bereitschaft, jede Vermietungsbemühung zu belegen.
Wie können wir als Steuerberater Sie unterstützen?
Einkünfteerzielungsabsicht bei der Vermietung von Immobilien: Haben Sie noch weitere Fragen?
Wir als Steuerberater kennen uns tiefgründig mit der Besteuerung von Immobilien aus und können Sie diesbezüglich beraten sowie die Steuererklärungen für Sie anfertigen.
Wie geht es weiter / Kontaktaufnahme
Kontaktieren Sie uns einfach unter einer der hier angegebenen Telefonnummern oder Mail-Adressen.