aktienrechtliche sonderprüfungen
Sie sind Stakeholder, z.B.
- Minderheitsaktionär,
- Lieferant,
- Arbeitnehmer,
- Banken,
- Finanzverwaltung,
- Vertreter der Öffentlichkeit,
und Sie haben Zweifel am publizierten Jahresabschluss bzw. Geschäftsbericht eines Unternehmens? Sie finden darin nicht die Information, die Sie für Ihre Entscheidungen brauchen, und sind der Meinung, dass es sich um fehlende Pflichtangaben handelt? Sie haben Zweifel an den Leistungen des Vorstands/der Geschäftsführung, des Aufsichtsrats und des Abschlussprüfers?
Im Einzelnen stehen Ihnen folgende weitere Prüfungsmöglichkeiten offen:
Prüfung / prüferische Durchsicht des Jahresabschlusses als Basis einer Nichtigkeitsklage
Als (Minderheits-)Aktionär oder andere Person mit „Feststellungsinteresse“ haben Sie die Möglichkeit, eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit („Nichtigkeitsklage“) nach § 256 Abs. 7 AktG zu erheben.
Da die Darlegungs- und Beweislast beim Kläger liegt und zu diesem Zweck auf das Auskunftsrecht nach § 131 AktG zurückgegriffen werden kann, bieten wir Ihnen je nach Umfang der verfügbaren Unterlagen in diesem Zusammenhang eine prüferische Durchsicht oder eine Prüfung des Ihnen vorgelegten Jahresabschlusses an.
In den Fällen des § 256 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 AktG kommt auch eine Sonderprüfung wegen unzulässiger Unterbewertung gemäß § 258 AktG in Betracht, siehe nächster Punkt.
Sonderprüfung aufgrund von unzulässiger Unterbewertung
Haben Sie als Minderheitsaktionär oder Aktionärsvereinigung einen Anteil von mindestens 1% oder 100.000 Euro des Grundkapitals und besteht Grund zur Annahme, dass im Jahresabschluss Posten wesentlich unterbewertet sind oder der Anhang des Jahresabschlusses Pflichtangaben nicht enthält, können Sie beim Gericht gemäß § 258 Abs. 1 AktG eine Sonderprüfung beantragen.
Für die Antragstellung müssen Gründe dargelegt werden. Als Sonderprüfer kommen gemäß § 258 Abs. 4 S. 1 AktG nur Wirtschaftsprüfer (oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften) in Frage, die in den letzten 3 Jahren nicht gleichzeitig Abschlussprüfer dieses Unternehmens waren.
Sonderprüfung aufgrund von Pflichtverletzung des Vorstands oder des Aufsichtsrats
100.000 Euro des Grundkapitals und besteht Grund zur Annahme, dass der Vorstand oder der Aufsichtsrat bei bestimmten Vorgängen (Gründung, Geschäftsführung, Kapitalmaßnahmen) ihre Pflichten gegenüber der AG verletzt haben, können Sie gemäß § 142 Abs. 2 AktG beim Gericht eine Sonderprüfung beantragen.
Für die Antragstellung müssen Gründe dargelegt werden. Als Sonderprüfer kommen gemäß § 143 Abs. 1 AktG grundsätzlich Wirtschaftsprüfer (oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften) in Frage, die außerdem in der Zeit des zu prüfenden Vorgangs nicht gleichzeitig Abschlussprüfer dieses Unternehmens waren.
Sonderprüfung des Abhängigkeitsberichts
Sind Sie Minderheitsaktionär einer Aktiengesellschaft oder Kapitalgesellschaft auf Aktien, an der ein anderes Unternehmen mehrheitlich beteiligt ist? Besteht kein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag?
In diesem Fall hat der Vorstand der abhängigen AG oder KGaA gemäß § 312 AktG einen Abhängigkeitsbericht aufzustellen. Der Abhängigkeitsbericht muss alle Rechtsgeschäfte oder andere Maßnahmen der AG oder KGaA mit ihren verbundenen Unternehmen zu enthalten, die sie auf Veranlassung oder im Interesse des herrschenden Unternehmens vorgenommen hat.
Insbesondere geht es hierbei um solche Geschäfte oder Maßnahmen, die die AG oder KGaA benachteiligen, d.h. sie hätte diese Geschäfte nicht abgeschlossen, wenn sie nicht vom herrschenden Unternehmen abhängig wäre. Für diese Nachteile sieht § 317 AktG einen Ausgleich oder einen Schadensersatz durch das herrschende Unternehmen vor, und zwar sowohl gegenüber der abhängigen Gesellschaft, als auch gegenüber den Minderheitsaktionären.
Der Abhängigkeitsbericht gehört zwar gemäß § 313 AktG zum Gegenstand der gesetzlichen Abschlussprüfung. Der Abschlussprüfer hat jedoch nach Gesetzeswortlaut grundsätzlich nicht zu prüfen, ob der Bericht vollständig ist, also ob dort Rechtsgeschäfte oder Maßnahmen fehlen.
Das führt zum Risiko, dass der Abhängigkeitsbericht unvollständig sein kann, also insbesondere nachteilige Geschäfte, für die es einen Schadensersatz geben müsste, nicht enthält und dies durch die Abschlussprüfung aufgrund des vorgenannten Prüfungsgegenstands nicht aufgedeckt wird.
Die Vollständigkeitsprüfung des Abhängigkeitsberichts ist zunächst Aufgabe des Aufsichtsrats nach § 314 AktG. Es ist jedoch in der Praxis nicht zu erwarten, dass der Aufsichtsrat nicht dem Prüfungsurteil des Abschlussprüfers folgt und umfangreichere eigene Prüfungshandlungen durchführt.
Aus den vorgenannten Gründen kann es in der Praxis vorkommen, dass Abhängigkeitsberichte veröffentlicht werden, die unvollständig sind. Ansprüche der Minderheitsaktionäre auf Schadensersatz können dann aber auf der Grundlage einer Sonderprüfung nach § 315 AktG abgeleitet werden. Haben Sie als Minderheitsaktionär oder Aktionärsvereinigung einen Anteil von mindestens 1% oder 100.000 Euro des Grundkapitals und besteht Grund zur Annahme, dass der Abhängigkeitsbericht unvollständig ist, können Sie gemäß § 315 Satz 2 AktG beim Gericht eine Sonderprüfung beantragen. In seltenen Fällen nach § 315 Satz 1 AktG (z.B. Einwendungen des Aufsichtsrats) reicht sogar der Antrag eines einzigen Aktionärs aus. Als Sonderprüfer kommt sinnvollerweise nicht der Abschlussprüfer, sondern ein anderer Wirtschaftsprüfer in Frage (wenngleich dies keine Vorbehaltsaufgabe des WP ist).